Als im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums die Lutherdekade begangen wurde, geriet ein Leitsatz der Kirchengeschichte etwas aus dem Blick: „ECCLESIA SEMPER REFORMANDA“ – Die Kirche muss sich immer reformieren. Auch vor und nach Martin Luther gab es Reformationsschübe, von denen einige recht stark waren:
Die Cluniazensischen Reformen in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts und bald danach Bernhard von Clairvaux, später Franz von Assisi, John Wyclif und Jan Hus. Es ist unbestritten, dass letzterer den deutschen Reformator besonders beeinflusst hat. 1531 schrieb er: „Wir sind alle Hussiten, ohne es gewusst zu haben... Johannes Hus hat von mir geweissagt, als er aus dem Gefängnis ins Böhmerland schrieb: Sie werden jetzt eine Gans braten. Aber in hundert Jahren werden sie einen Schwan singen hören“.
Hus heißt im Tschechischen Gans. Sie wurde zu seinem Symbol, der Schwan für Martin Luther. Wenn man die Geschichte der Oberlausitz im ausgehenden Mittelalter verstehen will, kommt man um die Wirkungen der Hussitenbewegung auf das Markgraftum nicht herum. Und das nicht nur wegen der inhaltlichen Nähe beider Reformatoren, sondern auch deshalb, weil die Oberlausitz als Nebenland der Böhmischen Krone damals eng mit dem Nachbarland verbunden war.
Volker Dudeck (Jahrgang 1947) war bis 2006 Direktor der Städtischen Museen Zittau und bis 2013 Mitglied des Sächsischen Kultursenats. 2010 wurde er zum „Botschafter der Oberlausitz“ berufen. Als Ruheständler ist er noch immer in Sachen Regionalgeschichte, Zittauer Fastentücher und Via Sacra aktiv.